Wer eine Immobilie besitzt oder kaufen möchte, steht vor der Frage, wie viel das Objekt tatsächlich wert ist. Gerade bei Einfamilienhäusern, selbstgenutzten Immobilien oder spezialisierten Gebäudetypen gibt es häufig nur wenige Vergleichsobjekte, sodass klassische Bewertungsmethoden an ihre Grenzen stoßen. Das Sachwertverfahren bietet hier eine Lösung, indem es sich stärker an den objektiven Kosten für den Wiederaufbau und dem separaten Wert des Grundstücks orientiert. In diesem Ratgeber erfahren Sie, was es mit dem Sachwertverfahren auf sich hat, wann es angewendet wird und welche Faktoren bei der Ermittlung eine Rolle spielen. Zusätzlich wird erläutert, wie Banken, Finanzämter und Gutachter diese Methode in der Praxis nutzen und warum eine professionelle Immobilienbewertung für fundierte Entscheidungen so wichtig ist.
Inhaltsverzeichnis
Das Sachwertverfahren ist ein Bewertungsansatz, der den Wert einer Immobilie auf Basis ihrer Herstellungskosten und ihres Grundstückswerts ermittelt. Dabei spielt vor allem die bautechnische Seite des Gebäudes eine zentrale Rolle – von der Bauqualität über die verwendeten Materialien bis zur Nutzungsdauer.
In vielen Fällen kommt das Sachwertverfahren zum Einsatz, wenn keine aussagekräftigen Vergleichspreise zur Verfügung stehen, beispielsweise bei Einfamilienhäusern ohne nennenswerte Miet- oder Renditeperspektive oder bei außergewöhnlichen Objekten wie denkmalgeschützten Gebäuden oder Gewerbeimmobilien mit besonderer Ausstattung.
Anders als beim Ertragswertverfahren, das die wirtschaftliche Nutzung und Mieteinnahmen in den Vordergrund stellt, fokussiert sich das Sachwertverfahren vor allem auf die Bausubstanz und den Zustand des Gebäudes.
Banken, Versicherungsgesellschaften und Gutachter greifen häufig auf dieses Verfahren zurück, um einen realistischen Beleihungs- oder Versicherungswert zu ermitteln, wenn das Vergleichswertverfahren aufgrund fehlender Referenzobjekte nicht ausreichend ist.
Bei der Immobilienbewertung mit dem Sachwertverfahren werden zunächst die Herstellungskosten des Gebäudes ermittelt. Grundlage dafür sind meist die Regelherstellungskosten je Quadratmeter, die in einschlägigen Tabellen und Richtlinien hinterlegt sind. Parallel dazu wird die Alterswertminderung berücksichtigt, die sich aus dem Baujahr und dem Zustand des Gebäudes ergibt. Diese Wertminderung drückt aus, wie viel Substanz und Qualität das Gebäude im Lauf der Nutzungszeit eingebüßt hat.
Darüber hinaus fließen marktbezogene Faktoren in die Bewertung ein. Auch wenn das Sachwertverfahren eine vergleichsweise objektive, auf Baukosten basierende Methode darstellt, bleibt die Marktanpassung unverzichtbar, um realistische Werte zu erhalten.
Rechtsgrundlage für diese Vorgehensweise ist in Deutschland die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV), die regelt, wie Sachverständige den Gebäudesachwert und den Bodenwert zu ermitteln und anschließend mit einem sogenannten Sachwertfaktor zu multiplizieren haben.
Das Ergebnis ist ein marktkonformer Sachwert, der nicht nur die reinen Baukosten, sondern auch den aktuellen Immobilienmarkt berücksichtigt.
Beim Sachwertverfahren spielen zahlreiche technische und bauliche Details eine Rolle. Die verwendeten Materialien, die Qualität der Bausubstanz und die Art des Gebäudes sind ausschlaggebend für die Höhe der Regelherstellungskosten, da ein massiv errichtetes Haus höhere Kosten verursacht als eine einfache Leichtbauweise.
Hinzu kommt die Qualität der Ausstattung, beispielsweise bei Fenstern, Türen, Heizungssystemen oder Bädern. Ein saniertes Objekt mit hochwertigem Innenausbau weist einen höheren Sachwert auf als ein unsaniertes Haus mit veralteter Heizung und einfacher Ausstattung.
Auch die Bauweise – etwa ein unterkellertes Gebäude oder ein Haus mit aufwendiger Dachkonstruktion – spielt eine Rolle, da sie maßgeblich in die Berechnung der Herstellungskosten einfließt.
Ein weiterer wesentlicher Punkt ist der Zustand der Immobilie, der durch regelmäßige Modernisierungen und Wartungen verbessert werden kann. Zudem muss das Grundstück mit seinem eigenen Wert separat einbezogen werden, da die Lage und Größe entscheidend für den Bodenwert sind.
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Um den Gebäudesachwert zu berechnen, legen Gutachter oder Bausachverständige zunächst die Regelherstellungskosten zugrunde, die je nach Baujahr, Gebäudeklasse und Ausstattung stark variieren können. In Deutschland existieren dazu Referenztabellen, in denen festgelegt ist, wie hoch die durchschnittlichen Baukosten pro Quadratmeter Wohnfläche sind.
Anschließend wird die Alterswertminderung herangezogen, um den Wertverlust durch Abnutzung zu erfassen. Dabei spielt neben dem Baujahr auch der Sanierungszustand eine Rolle, denn umfangreiche Modernisierungen können die effektive Restnutzungsdauer deutlich verlängern. In manchen Fällen wird ein prozentualer Wertansatz für Modernisierungen berücksichtigt, wenn die Immobilie beispielsweise eine neue Dacheindeckung, eine erneuerte Heizungsanlage oder hochwertige Fenster erhalten hat.
Das Ergebnis dieser Berechnung ist der vorläufige Gebäudesachwert, der jedoch erst in Kombination mit dem Bodenwert und der Marktanpassung zum finalen Sachwert führt.
Der Wert des Grundstücks wird im Sachwertverfahren getrennt vom Gebäudewert bewertet, da das Grundstück selbst keiner Abnutzung unterliegt. Zur Ermittlung des Bodenwerts greifen Sachverständige häufig auf das Vergleichswertverfahren zurück, das sich an Kaufpreisen für vergleichbare Grundstücke in der Umgebung orientiert.
Bodenrichtwerte, die die örtlichen Gutachterausschüsse veröffentlichen, bieten eine wichtige Orientierung. Je nachdem, wie begehrt der Standort ist, kann der Bodenwert die Hälfte des Gesamtwerts ausmachen oder manchmal sogar den Gebäudewert übersteigen, etwa in zentralen Lagen von Großstädten.
Ist der Bodenwert erst einmal bestimmt, wird er zum Gebäudesachwert hinzugerechnet. So ergibt sich der gesamte vorläufige Sachwert der Immobilie, bestehend aus Bodenwert und Gebäudesachwert.
Das Sachwertverfahren berücksichtigt zwar die technischen und baulichen Aspekte einer Immobilie, bildet jedoch häufig noch nicht den tatsächlich am Markt erzielbaren Preis ab. Hier kommt die Marktanpassung ins Spiel, bei der ein Sachwertfaktor angewendet wird.
Dieser Faktor ergibt sich aus der Beobachtung realer Kaufpreise ähnlich strukturierter Objekte, sodass die theoretischen Baukosten an die tatsächliche Marktlage angepasst werden. Liegen zum Beispiel die Baunebenkosten im Vergleich zu den Kaufpreisen in einer bestimmten Region sehr hoch oder sehr niedrig, kann der Faktor entsprechend korrigiert werden, um einen realistischeren Wert zu erhalten.
Dadurch werden auch regionale Preisunterschiede oder Einflüsse wie eine hohe Nachfrage in begehrten Lagen berücksichtigt. Letztlich sorgt die Marktanpassung dafür, dass der vom Sachverständigen ermittelte Wert nicht nur auf dem Papier, sondern auch realistisch am Markt Bestand hat.
Das Sachwertverfahren punktet vor allem dann, wenn es um Immobilien geht, bei denen die Herstellungskosten und die Bauqualität zentrale Kriterien für den Wert darstellen. Gerade bei Einfamilienhäusern, die nicht vorrangig zur Vermietung dienen, oder bei Spezialimmobilien, die sich nur schwer mit anderen Objekten vergleichen lassen, liefert es oft eine fundierte Schätzung. Auch Versicherungen greifen auf diese Methode zurück, wenn sie den Wiederaufbauwert einer Immobilie kalkulieren.
Allerdings kann das Sachwertverfahren in Märkten mit hohen Preisschwankungen zu Ungenauigkeiten führen, weil die Baukosten nicht immer im gleichen Verhältnis zu den realen Angebotspreisen stehen. In vielen Fällen ist eine aufwendige Marktanpassung erforderlich, um das Ergebnis in die Nähe des marktrealistischen Werts zu bringen.
Deshalb gilt das Sachwertverfahren manchmal als weniger marktnah als das Vergleichswertverfahren, bei dem sich der Wert direkt aus tatsächlich gezahlten Preisen ähnlicher Objekte ableitet. Trotzdem ermöglicht es gerade in ländlichen Regionen oder bei speziellen Gebäudetypen eine solide Annäherung an den Wert des Objekts.
Neben dem Sachwertverfahren gibt es in der Immobilienbewertung hauptsächlich zwei weitere Methoden: das Vergleichswertverfahren und das Ertragswertverfahren.
Beim Vergleichswertverfahren werden Preise aus tatsächlichen Verkäufen vergleichbarer Objekte herangezogen, was bei typischen Eigentumswohnungen oder Einfamilienhäusern in gut dokumentierten Märkten sehr präzise Werte liefert.
Das Ertragswertverfahren hingegen rückt die Rendite und die Mieteinnahmen in den Vordergrund und ist damit vor allem für Mehrfamilienhäuser oder Gewerbeimmobilien relevant.
Das Sachwertverfahren konzentriert sich stärker auf die Kostenperspektive und kommt dann zum Zuge, wenn keine oder nur unzureichende Vergleichsdaten vorhanden sind oder wenn die Ertragskomponente keine große Rolle spielt.
In der Praxis wird häufig eine Kombination verschiedener Methoden herangezogen, um den Wert einer Immobilie möglichst objektiv und marktnah zu bestimmen.
Für Gutachter, Banken, Versicherungen und Finanzämter ist das Sachwertverfahren ein fester Bestandteil der Wertermittlung. Gerade in Situationen, in denen ein subjektiver oder kaum vergleichbarer Gebäudewert zu bestimmen ist, kann es die entscheidende Grundlage liefern.
Banken nutzen es bei der Beleihungsprüfung, um die Sicherheit eines Kredits abzusichern, wenn nicht genug Vergleichswerte für das Vergleichswertverfahren vorliegen. Versicherer berechnen auf dieser Basis den Gebäudewiederaufbauwert, um im Schadensfall die Kosten für eine Wiederherstellung abzuschätzen.
Finanzämter greifen ebenfalls auf das Verfahren zurück, beispielsweise bei Erbschaften oder Schenkungen von Immobilien, für die kein Marktwertvergleich existiert. Auch in gerichtlichen Auseinandersetzungen, etwa im Rahmen eines Scheidungs- oder Erbstreits, kann ein gerichtlich bestellter Sachverständiger den Wert einer Immobilie per Sachwertverfahren ermitteln.
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Wer den Wert seines Hauses steigern will, kann maßgeblich an den Stellschrauben drehen, die für den Gebäudesachwert entscheidend sind. Eine regelmäßige Pflege und Modernisierung der Bausubstanz wirkt sich positiv auf den Sachwert aus, weil sie Alterswertminderungen reduziert und die Gebäudenutzung auf lange Sicht sicherstellt.
Hochwertige Materialien bei Fenstern, Türen, Dacheindeckungen oder Bodenausstattungen können den Wert steigern, wenn sie sinnvoll eingesetzt werden. Energieeffiziente Sanierungen wie eine moderne Heizungsanlage oder eine gute Wärmedämmung verbessern nicht nur den Wohnkomfort, sondern können sich ebenfalls in einem höheren Sachwert niederschlagen.
Wer hingegen spart, indem er notwendige Reparaturen aufschiebt, riskiert einen deutlich niedrigeren Sachwert, da sich der Wertverlust im Lauf der Jahre potenziert.
Bei Grundstücken kann zudem eine ansprechende Außengestaltung oder eine gute Erschließung den Bodenwert steigern, insbesondere wenn das Umfeld oder die Infrastruktur an Attraktivität gewinnt.
Das Sachwertverfahren eignet sich vor allem für Objekte, bei denen die bauliche Substanz und die Wiederherstellungskosten die dominierende Rolle spielen. Einfamilienhäuser, selbstgenutzte Immobilien oder Spezialbauten, die sich nur schwer mit anderen Objekten vergleichen lassen, profitieren von der technischen Genauigkeit dieser Methode.
Zwar kann es in einigen Fällen erforderlich sein, durch eine sorgfältige Marktanpassung die reinen Baukosten an das tatsächlich erzielbare Preisniveau anzunähern, doch bietet das Sachwertverfahren eine objektive und nachprüfbare Grundlage für die Bewertung.
Gerade Banken, Versicherer und Gutachter greifen deshalb auf diese Methode zurück, wenn Marktvergleiche oder Ertragswerte nicht aussagekräftig genug sind. Wer als Eigentümer fundierte Entscheidungen in Bezug auf Beleihung, Verkauf oder Versicherung treffen will, sollte eine professionelle Bewertung durch einen qualifizierten Sachverständigen einholen.
Nur so lässt sich sicherstellen, dass alle relevanten Faktoren – vom Bodenwert über die Bausubstanz bis zur Marktanpassung – realistisch abgebildet werden und am Ende eine belastbare Grundlage für Finanzierungen, Kaufverhandlungen oder Versicherungsabschlüsse entsteht.
Disclaimer
Unser Ratgeber bietet Ihnen sorgfältig recherchierte Informationen, die jedoch unverbindlich sind und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Die bereitgestellten Inhalte dienen als allgemeine Orientierung und ersetzen keine individuelle Rechts-, Steuer- oder Finanzberatung. Für verlässliche Auskünfte in diesen Bereichen empfehlen wir, sich an einen Anwalt, Steuerberater oder Finanzberater zu wenden.
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